
Bezahlkarte: Flickenteppich statt einheitlicher Lösung
Städte und Gemeinden in NRW erwarten erheblichen Aufwand
Bei der Einführung der Bezahlkarte zeichnet sich für NRW ein Flickenteppich an Einzelregelungen ab. "Obwohl die kommunalen Spitzenverbände sich vehement für eine klare und einheitliche Lösung ausgesprochen haben, hat die Landesregierung eine Opt-Out-Regelung eingeführt", kritisierte Prof. Dr. Christoph Landscheidt, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW (StGB NRW) und Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort am Rande einer Sitzung des Präsidiums in Schwerte.
"Das Land hat sich damit abermals vor einer politisch heiklen Frage weggeduckt und sie stattdessen auf die Kommunen abgewälzt", sagte Landscheidt. Schon heute zeige sich, dass etliche Kommunen von der Einführung absehen werden. "Ein landesweit einheitliches Verfahren ist damit obsolet, und die Bezahlkarte kann ihren eigentlichen, ohnehin umstrittenen Zweck kaum noch erfüllen", führte Landscheidt aus. "Weder reduziert sie unter solchen Bedingungen Anreize zur irregulären Einreise, noch entlastet sie die Kommunen."
Rückmeldungen aus der Praxis lassen erwarten, dass der Verwaltungsaufwand sogar steigen wird. Anstatt die Einführung auf neue Geflüchtete in Sammelunterkünften zu beschränken, hat die Landesregierung sich dafür entschieden, auch Personen damit auszustatten, die schon in den Kommunen angekommen sind. Eine Vielzahl dieser Leistungsberechtigten ist in privaten Unterkünften untergebracht und zahlt über ein Girokonto alltägliche Dinge wie Miete, Energieabschläge, Vereinsbeiträge oder den Mobilfunkvertrag.
"Die Kommunen stehen jetzt vor einer Menge praktischer und rechtlicher Fragen", sagte Landscheidt. "So ist völlig unklar, wie in Zukunft Zahlungen an Vermieter und Energieversorger sichergestellt werden sollen. Offen ist auch, wie Überweisungen von der Guthabenkarte auf andere Girokonten erfolgen und gesteuert werden können. Zudem wissen wir nicht, wie die Ansprüche minderjähriger Kinder richtig zugeordnet werden können. All diese Fragen lässt die Landesregierung bisher unbeantwortet."
"Allein weil wir nun jeden Einzelfall prüfen und auf ein neues Zahlungssystem umstellen müssen, ist mit erheblichem administrativen Mehraufwand zu rechnen", machte Landscheidt klar. Es sei vor diesem Hintergrund unerlässlich, dass die Landesregierung den Kommunen die vollständigen Einführungs- und Betriebskosten der Bezahlkarte erstatte.
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Beschluss des StGB NRW-Präsidiums auf seiner 220. Sitzung in Schwerte
Das Präsidium bedauert, dass die Landesregierung entgegen dem einstimmigen Votum der kommunalen Spitzenverbände die Opt-Out-Regelung in die gesetzlichen Grundlagen zur Einführung der Bezahlkarte in NRW aufgenommen hat. Die Rückmeldungen aus der Praxis lassen erwarten, dass die Opt-Out-Regelung dazu führen wird, dass viele Kommunen von der Einführung der Karte absehen werden und der vom Präsidium befürchtete "Flickenteppich" in NRW Wirklichkeit wird.
Das Präsidium stellt fest, dass mit dem vom Land beschlossenen Rechtsrahmen die Umsetzung des gemeinsamen Beschlusses der MPK und der Bundesregierung zur Einführung einer Bezahlkarte aus dem November 2023 in NRW nicht einheitlich und flächendeckend erreicht wird.
Das Präsidium fordert das Land auf, den vollständigen Einführungsaufwand der Bezahlkarte in den Kommunen zu erstatten. Dies gilt neben dem Aufwand für die Bereitstellung des Kartensystems auch für den Verwaltungsaufwand, der in den Kommunen als Leistungsbehörden anfällt.