"Integrationsvertrag mit Ausländern schliessen"
"Integrationsvertrag mit Ausländern schliessen" - Interview zum Thema Gewalt an Schulen und Integration
Angesichts der Zustände an der Berliner Rütli-Schule haben die Kommunen eine weit reichende Integrationsoffensive u.a. durch Kindergartenpflicht für Fünfjährige, sowie Sanktionen bei Integrationsverweigerung bis hin zur Beendigung des Aufenthalts gefordert. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagausgabe) betonte Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund, mit neu zugewanderten Ausländern sollte künftig ein Integrationsvertrag geschlossen werden.
Osnabrück. Der Vertrag müsse eine umfangreiche Förderung, aber auch Sanktionen vorsehen: "Neu eingereiste Ausländer, die eine Integration verweigerten, sollten künftig mit Leistungskürzungen und im Extremfall mit der Rückkehr in die Heimat bestraft werden können."
Die nachholende Integration für schon länger in Deutschland lebende Ausländer müsse dagegen "auf Überzeugungsarbeit basieren und zugleich Anreizsysteme bieten", erläuterte Landsberg. So sollte man bestimmte berufliche Qualifizierungsmaßnahmen oder die Zuteilung eines staatlich geförderten Arbeitsplatzes an die erfolgreich Teilnahme von Integrationskursen binden. Voraussetzung sei natürlich, dass die Integrations- und Förderangebote deutlich ausgebaut würden. Zur Finanzierung sollte der Bund dafür die Einnahmen aus der Reichensteuer von rund 1,8 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung stellen.
Die Zustände an der Rütli-Schule seien nur die Spitze eines Eisbergs, meinte Landsberg. Sie machten deutlich, dass die gravierenden Integrationsmängel rasch und zielstrebig beseitigt werden müssten. Dafür sprächen auch dramatische Zahlen. So brechen 20 % der jungen Ausländer die Schule ab (Deutsche: 10 %). Von den 20 bis 29jährigen Ausländern hätten 41 % keine Schulausbildung (Deutsche 12 %). Schon aus wirtschaftlichen Gründen könne es sich Deutschland aber nicht leisten, dass eine ganze Generation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, aber auch viele Jugendliche aus sozial schwachen deutschen Familien, keine Zukunftschancen hätten. Es sei nicht hinnehmbar, bei stark rückläufiger Kinderzahl die Verwahrlosung von Jugendlichen nicht endlich wirkungsvoll zu bekämpfen.. Am Ende drohten schwere soziale Auseinandersetzungen, die letztlich teurer seien als eine umfassende Integrationsförderung.
Notwendig sei eine gezielte Spracherziehung bereits im Kindergarten, betonte Landsberg. Dabei müssten auch die Eltern einbezogen werden. Man sollte ernsthaft überlegen, nach skandinavischem Vorbild eine Grund-ausbildung für alle pädagogischen Berufe einschließlich der Kindergärt-nerinnen einzuführen. Zentrale Themen müssten Spracherziehung, Vermittlung kultureller Orientierung und Wertevermittlung sein. In anderen Ländern habe es sich zudem bewährt, das letzte Kindergartenjahr zum Pflichtjahr für alle zu machen. Das könnte durch gezielte Förderung sprachschwacher Kinder die Integration nachhaltig fördern. Dasselbe gelte für einen staatlich kontrollierten Islamunterricht an den Schulen. Zudem müsste der Anteil von Ausländern und Personen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst, z.B. bei Polizei und Ordnungskräften, deutlich erhöht werden.
Nicht allein der Staat sei gefordert, sondern auch die Eltern müssten viel stärker in die Pflicht genommen werden. Landsberg forderte einen "Integrationsgipfel", um die Maßnahmen, die langfristig angelegt sein müssten, auf den Weg zu bringen und zu vernetzen. Die dafür notwendigen Mehrausgaben könnten allerdings die Kommunen nicht finanzieren. Deshalb müssten Bund und Länder Wege finden, um die Mittel für zusätzliche Jugend- und Sozialarbeit sowie die bessere Ausbildung von Kindergärtnerinnen aufzubringen. In diesem Zusammenhang sei es ein "völlig falsches Signal", dass der Bund in seinem Haushaltsentwurf für 2006 die Gelder für Integrationsmaßnahmen um 68 Millionen Euro kürzen wolle. Das zeige auch, dass es keinen Spielraum für kostenlose Kindergärten gebe, sondern dass man jeden Euro benötige, um dort die Betreuung und den Ausbau zu verbessern.
© DStGB, Berlin, 03.04.2006