Deutscher Städtetag zu den Ergebnissen der Steuerschätzung
Pressemitteilung des Deutschen Städtetages vom 9. Mai 2018
Finanzpolitik in Zeiten des Aufschwungs solide gestalten – Städte investieren in Infrastruktur
Die steigenden Steuereinnahmen bieten den Städten mehr Möglichkeiten für Investitionen, den Abbau von Altschulden und eine gewisse Vorsorge für schlechtere Zeiten. Verschiedene Risiken dürfen jedoch nicht ignoriert werden. Die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft ist angesichts drohender Handelszölle und protektionistischer Tendenzen unklar. Auch die Zukunft der Grundsteuer als wichtige Einnahmequelle der Kommunen ist noch nicht gesichert. Und die Altschuldenproblematik wird durch die gute Konjunktur lediglich überdeckt, sie ist aber nicht gelöst. Der Deutsche Städtetag warnt deshalb anlässlich der Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung vor neuen Leistungsversprechen, die in schwierigeren konjunkturellen Zeiten nicht mehr finanzierbar sein werden.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte: „Die Städte freuen sich über die gute konjunkturelle Lage. Hiervon profitieren nicht nur Unternehmen und Arbeitnehmer, sondern auch die öffentlichen Haushalte. Wir sehen aber die Gefahr, dass manche die derzeit gute Lage bedenkenlos in die Zukunft fortschreiben und von den Kommunen neue Leistungen einfordern oder abverlangen, ohne deren Finanzierung zu übernehmen. Was heute an Mehrausgaben für die Kommunen beschlossen wird, muss aber auch morgen noch bezahlbar sein.“
Für Bund, Länder und Kommunen komme es weiterhin darauf an, dass sie mit den zu erwartenden Steuereinnahmen die öffentlichen Haushalte, aber auch die öffentliche Infrastruktur zukunftsfest machen. Dedy: „Wenn die kommunalen Investitionen derzeit nur relativ gering anwachsen, ist das angesichts des kommunalen Sanierungsstaus von weit mehr als 100 Milliarden Euro kein Zeichen einer mangelnden Investitions¬notwendigkeit. Es spiegelt vielmehr eine mangelnde Investitionsmöglichkeit der Kommunen wider. Weil viele Firmen im Baugewerbe und im Handwerk derzeit ausgelastet sind, ist es derzeit nicht immer möglich, alle sinnvollen und finanzierbaren Vorhaben zeitnah und zu einem akzeptablen Preis anzugehen. Die Städte stehen aber bereit, um bei einem Nachlassen der privaten Baunachfrage ihre Investitionen schnell und deutlich auszuweiten.“
Damit die Kommunen den kommunalen Investitionsstau und die kommunalen Altschulden wirklich abbauen können, blieben Bund und Länder auch weiterhin gefordert, betont der Deutsche Städtetag. Darüber hinaus sei außerdem nicht auszuschließen, dass durch neue Anforderungen an die Kommunen der Investitionsrückstand sogar noch ansteige.
Aus der Steuerschätzung, an der der Deutsche Städtetag als Spitzenverband der Städte beteiligt ist, ergeben sich folgende Ergebnisse: Für die Gemeinden werden Steuereinnahmen in Höhe von 110,2 Milliarden Euro im Jahr 2018 und 114,9 Milliarden Euro im Jahr 2019 prognostiziert. Im Jahr 2017 lagen die kommunalen Steuereinnahmen bei 105,1 Milliarden Euro. Das Gesamtaufkommen der Gewerbesteuer wird 2018 gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Milliarden Euro bzw. 2,7 Prozent wachsen.
Die Mai-Steuerschätzung weist auch für 2020 und die folgenden Jahre Grundsteuereinnahmen in Höhe von mehr als 14 Milliarden Euro aus. Wie der Arbeitskreis Steuerschätzungen selbst ausgeführt hat, gilt: Sofern nicht bis zum
31. Dezember 2019 eine Grundsteuerreform beschlossen wurde, darf laut Bundesverfassungsgericht auch das derzeit geltende Grund¬steuerrecht ab dem Jahr 2020 nicht mehr angewendet werden. Bund und Länder müssen die vom Bundesverfassungsgericht gewährte kurze Frist zur Reform der Grundsteuer nutzen.
Die erhöhten Gewerbesteuerumlagen zur Beteiligung der Gemeinden an der Finanzierung der deutschen Einheit (Solidarpakt-Umlage, Umlage zur Finanzierung des Fonds Deutsche Einheit) entfallen zum Jahr 2020. Mit diesen Umlagen wurden die westdeutschen Gemeinden von ihren jeweiligen Ländern zur Finanzierung der deutschen Einheit herangezogen. Der in der Steuerschätzung ausgewiesene starke Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen (netto) wird maßgeblich hierdurch bestimmt. Allerdings versuchen derzeit einzelne Länder, das gesetzlich vorgesehene Auslaufen dieser Sonderbelastungen auszuhebeln. Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert, übte daran deutliche Kritik: „Der Versuch einzelner Länder, mit Hilfe des Bundes in kommunale Kassen zu greifen, ist nicht statthaft. Auf politische Zusagen muss Verlass sein: Die Gründe für die Sonderumlagen sind mit der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen entfallen. Daher müssen auch die Sonderumlagen selbst entfallen.“
Quelle: www.staedtetag.de/